Sonntag, 11. Oktober 2009

Boy A

war ein Film im Jugendfilmfestival, der mich sehr betroffen gemacht hat.
Es ging um einen jungen Mann, der nach Verbüßung seiner Haftstrafe resozialisiert wird, d.h. einen Arbeitsplatz und eine Freundin findet und sogar ein Kind rettet. ABER: Er wird von seiner Vergangenheit eingeholt und sieht schließlich keine Ausweg, als sich umzubringen.
Was man als Zuschauer weiß: Eric ist ein vernachlässigtes Kind. Seine Mutter leidet an Brustkrebs, der Vater ist mit dieser Situation völlig überfordert, kümmert sich nicht um das Kind, das in der Schule völlig den Anschluss verpasst. Zudem wird er noch von einigen älteren Jugendlichen drangsaliert, bis er einen Freund findet, der sich furchtlos den Älteren entgegenstellt, und die Tätlichkeiten mit Gegengewalt stoppt.
Der Freund ist seinerseits ein vaterloser Junge, der von seinem Bruder sexuell missbraucht wird. ( Das war für mich die schrecklichste Szene in dem Film: Der Freund erzählt Eric, dass sein Bruder mit ihm Sex hat und dass er sich währenddessen immer ein Zimmer vorstellt, das viele Türen hat. Die gehen der Reihe nach zu. die weitest entfernte zuerst, dann alle anderen. Wenn er es schafft, bis zur letzten nicht zu weinen, dann schafft er, überhaupt nicht zu weinen.
So ein Beispiel für das Abtöten von Gefühlen habe ich in einem Film noch nie gesehen!)
Die Spirale der Gewalt dreht sich, es folgen Autoeinbrüche und Vandalismus, bis die Beiden schließlich eine Klassenkollegin töten. Der Zuschauer weiß nicht, wer hier welchen Anteil hat , erfährt aber im Verlauf des Films, dass sich der Freund umgebracht hat. Eric wird nach langer Haft entlassen, der Bewährungshelfer verhilft ihm zu neuer Identität und kümmert sich um ihn. Der jungen Mann wird als sympathischer, ruhiger, verlässlicher Kerl gezeigt, dem es mit dem neuen Leben ernst ist.
Die Tragik ist folgende: Eric wird nicht damit fertig, dass seine Freundin, die er offensichtlich sehr gern hat und die die Gefühle auch erwidert, nicht weiß, wer er wirklich ist. UND: Der Bewährungshelfer hat seinerseits einen Sohn, der ein völliger Loser ist, und aus Eifersucht die wahre Identität von Eric verrät. Dann wird er von der Öffentlichkeit gejagt (Stichwort: Jugendlicher Mörder wieder frei!)

Gleich nach dem Film ging es mir gar nicht gut. Die Ausweglosigkeit machte mir zu schaffen. Am nächsten Tag sah ich wenigstens die Lücke im Ablauf dieser Biographie. Eric hätte unbedingt therapeutische Unterstützung gebraucht, um sich in dem neuen Leben auch zurecht zu finden. Der Bewährungshelfer konnte die seelische Unterstützung nicht leisten und es war unzureichend, nicht ein größeres Netz zu knüpfen bei dem großen Unterfangen, aus einem verwahrlosten Kind ein erwachsenes Mitglied der Gesellschaft zu machen.

Immer weniger glaube ich, dass die schnellen Lösungen wirklich etwas bringen. Das Leben insgesamt ist komplizierter!

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