Sonntag, 26. April 2009

Fortschritt

Am Mittwoch Nachmittag nahm ich die Schulpsychologin zu einem Gespräch mit der ganzen Klasse mit. Nicht - wie mir eine Schülerin unterstellt - aus Angst vor der Klasse, sondern als Moderatorin eines Dialogs in dem ich nicht alle Rollen haben wollte. (zuhören, antworten, aufpassen, wer als nächste drankommt, auf Signale achten usw.).
Es entwickelte sich zu harter Arbeit, denn 2 volle Unterrichtseinheiten waren wir damit beschäftigt, untergriffige Anschuldigungen oder zielführende Vorschläge zu hören, zu sortieren und (nach Möglichkeit) zu beantworten. Es waren tlw. starke Beleidigungen dabei ABER sie ließen sich gut orten. jetzt sehe ich klarer, wer bereit ist zur Mitarbeit, zu einer konstruktiven Kommunikation und einen Beitrag leisten will zum Gelingen dieser Schulmonate (sind eh nur 10 Wochen!)
Seither geht es besser. Ich habe Entscheidungen getroffen, die von der Klasse SEHR positiv aufgenommen wurden, ich habe meinen Unterricht konservativer gestaltet (bedeutet mehr konkrete Übungen und weniger Improaktivität), ich habe die verhaltensauffälligsten SchülerInnen von der Teilnahme an einer Sozialaktivität ausgeschlossen (wurde von der restlichen Klasse sehr vehement eingefordert)und ich habe die Direktion in alle entscheidungen eingebunden.

Von der Schulpsychologin kam dann dieses aufbauende mail:

Ganz wichtig ist das Gefühl, wieder zunehmend Kontrolle über die Klassensituation zu haben und ihre Stärke zurück zu gewinnen. Sie haben Stärke und sind eine kreative und sehr reflexive Lehrerin. Ich finde, Sie machen sich sehr viel Gedanken über ihre Schüler. Leider fällt der eigene Einsatz nicht immer auf fruchtbaren Boden - das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Unser Schülerklientel verändert sich, manche Entwicklungen gefallen mir gar nicht bzw. nehme ich diese eher besorgt wahr (mangelnder Respekt, Zivilcourage, Rücksichtslosigkeit ...). Langsam komm ich mir vor wie die vorangegangenen Generationen, die gesagt haben "Die Jugend von heute". Solche Veränderungen passieren einfach unaufhaltsam und wir müssen uns darauf einstellen, was nicht bedeutet, dass man nichts tun kann.

Trotz allem, trotz dieser sehr schwarzen Erfahrungen, glaube ich immer noch, dass in dieser Klasse ZUFÄLLIG ein unseliges Zusammentreffen von ekelhaften Personen stattfindet und die bilden NICHT DIE MEHRHEIT!!!! Was ich brauche, ist ein Repertoire, solche (und ich glaub, die hat´s immer gegeben) zu neutralisieren. Beim Dramakongress sagte mit ein Dramalehrer: " Für bestimmte Personen ist Drama die falscheste Methode, die man verwenden kann, denn dafür musst du offen und bereit sein" Und dann - - - braucht´s was anderes. Wir werden weitersehen!

3 Kommentare:

Unscha(r)f hat gesagt…

Schön zu lesen, es geht ja doch immer a bissi was. Die die wirklich nicht wollen, denen kann keiner helfen.

manus-schafe-gartenwelt hat gesagt…

Hach, nun weiss ich wieder, warum ich nicht als Kindergärtnerin mehr tätig bin sondern in unserem Fam. Unternehmen. Sowas fängt ja meist schon im Kdg. an und lässt sich nur schwer in geordnete Bahnen lenken. Ich hatte mal so ein spezielles "Wesen" an meiner Seite. Man möchte es nicht glauben, aber ist gibt doch tatsächlich schon kdg.Kinder die aus Kindergärten verwiesen werden aufgrund neg. Auffälligkeiten. Ich find das sehr traurig, wenn man hinter die Fassade blicken kann, was ja leider nur all zu selten der Fall ist, dann erkennt man manchmal auch die Ursache dafür und kann versuchen gegen zu wirken, doch das braucht Zeit und je älter die Kids werden desto schwieriger bis unmöglich wird das dann. Umso schöner ist es dann allerdings wenn man kleine positive Erfolge verbuchen kann. Das gibt einem Kraft um weiter zu machen. Also, nur nicht aufgeben! LG Manu

Goldmarie hat gesagt…

@unscha(r)f:
"Die, die wirklich nicht WOLLEN" kommen vielleicht eines Tages drauf. Aber heute war eine Schülerin vom Abschlussjahrgang 2005 bei mir, die mir erzählte, dass eine schwierige Schülerin der damaligen Klasse schon seit der 2.Kl. Drogen genommen hätte und nunmehr völlig abgerutscht ist. Die erreicht man nicht mehr!
@ manus-schafe-gartenwelt:
danke für den langen Kommentar!!!
Eine Geschichte, an die ich immer wieder denke, stammt vom Primar der Gyn Wilhelminenspital. Er sagte: "Bei uns sind alle Babys gleich - wir betreuen sie optimal, jedes nach seinen Bedürfnissen. Dann schaue ich aus dem Fenster und sehe die eine Familie, die Mutter und Kind abholt, der Mutter alles abnimmt, sich über das Kind beugt und lächelt, stolz als Familie auftritt und insgesamt glücklich wirkt.
Und dann sehe ich die anderen, die rauchend vorgehen, die Mutter schleppt sich hinter den anderen ab mit Kind in der Tragtasche und ihren Sachen, niemand lächelt oder wendet sich Mutter und Kind zu.
In diesem Moment weiß ich: HIER HABEN ZWEI TOTAL VERSCHIEDENE LEBENSWEGE BEGONNEN."